Eine Hand mit punkem Gummihandschuh nähert sich einem schwarzen Stecker in einer weißen Wandsteckdose

Carsten Dobschat

Und es ist doch passiert!

90ies, anekdoten, inter-nett, urban legends

Wir alle kennen Urban Legends, davon fliegen eine ganze Menge durch das Internet. Es gibt dabei so einige Geschichten von Support-Hotlines, die so unglaublich klingen, dass man häufig denkt: „Das kann doch nicht wahr sein?! So blöd ist doch niemand?“ Jetzt verrate ich Euch mal ein offenes Geheimnis: Doch, es gibt immer irgendwo eine Person, die so blöd und noch blöder ist. Immer. Ist ein Naturgesetz.

Wie ich darauf komme? Durch diesen Post:

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Klar, dass direkt kommentiert wurde, dass es sich hier um ein erfundenes Meme handeln würde – da bin ich mir ehrlich gesagt nicht so sicher, schließlich bin ich schon sehr lange im Support. Aber tatsächlich geht es mir gar nicht um den Support, sondern um eine andere wahre Geschichte, von der ich inzwischen erfahren habe, dass sie heute als Urban Legend da draußen unterwegs ist.

Dazu muss ich ein klein wenig ausholen. Meiner erster richtiger Arbeitsplatz war bei einem gerade frisch gegründeten lokalen Internet-Provider namens inter-nett in Nürnberg. Über den werde ich sicherlich noch häufiger schreiben (und an dieser Stelle möchte ich kurz meiner Freude darüber Ausdruck verleihen, dass ein guter Freund aus den damaligen Tagen direkt nach dem öffentlichen Start den Weg in unseren kleinen Club gefunden hat: Yay!). Dieser residierte in der Nürnberger Altstadt in einem sehr alten Gebäude, wirklich sehr alt. Eines der ältesten noch erhaltenen Gebäude in der Altstadt.

Dieser Standort hatte Vor- und Nachteile. Zu den Vorteilen zählte die recht gute Erreichbarkeit und die Möglichkeit aus der Tür raus gleich in mehrere schöne Kneipen fallen zu können. Ein ganz gewaltiger Nachteil war aber der knappe Platz. Daher standen unsere ersten Server mit im Büro in einem Regal (nein, kein Serverschrank, keine 19″-Gehäuse und an so was wie eine USV dachten wir damals auch nicht, es ging ja nur um ein bisschen Internet). Ein weiterer Nachteil war, dass wir alle es versäumten der Reinigungskraft mitzuteilen, dass irgendwann der Zeitpunkt da war, an dem aus der früheren kleinen Entwickler-Bude ein Internet-Provider geworden ist.

Es kann dann der Tag, an dem alle Steckdosen im Büro belegt waren und das zum größten Teil von Servern. Am darauf folgenden Freitag begann dann die rätselhafte Freitag-Abend-Downtime. Jeden Freitag Abend zwischen 19 und 22 Uhr war plötzlich einer der Server für 20-40 Minuten einfach weg. Ich komme noch einmal zum Thema „blöd“: Es war tatsächlich nach „hat das Netzteil ein Problem?“, „ist das Kabel defekt?“ und vielen anderen Überlegungen unsere letzte Idee, woran es liegen könnte und es war die richtige.

Ja, die Person, die jede Woche das Büro reinigte wollte staubsaugen und hat dann eben den Stecker vom Server gezogen, hat die Runde mit dem Staubsauger durch das Büro gemacht und danach ordentlich wieder den ursprünglichen Stecker in die Dose gesteckt. An der Stelle muss ich meinem früheren Ich sagen: Zumindest war der Server ordentlich aufgebaut und konfiguriert, denn er ist jedes Mal einwandfrei mit allen Diensten wieder hochgefahren.

Diese Geschichte erzählte ich Tobi, als er frisch bei uns als Werkstudent angefangen hatte. Es sollte ein Beispiel für das Phänomen sein, dass man die Antwort auf ein Problem übersehen kann, egal wie naheliegend und banal diese Antwort ist. Selbst wenn sie direkt vor einem mit einem bunten Fähnchen wedelnd rumtanzt. Und was sagte Tobi? „Ja, diese Urban Legend kenne ich, die wurde mir bei meinem ersten Praktikum erzählt.“

Urban Legend?! WTF?! Es ist schwer in Worte zu fassen, wie alt man sich fühlt, wenn man von einer nicht mal halb so alten Person zu hören bekommt, dass ein Erlebnis des eigenen Lebens heute als Legendenerzählung weitergereicht wird. Andererseits: Mein Leben ist zu einer Legende geworden. Okay, ein ganz winzig kleiner Teil meines Lebens und sicherlich kein Teil, der die Bezeichnung „ruhmreich“ verdienen würde, aber immerhin 😂

Jetzt möchte ich natürlich wissen, ob Ihr selbst auch Erlebnisse hattet, die heute als Urban Legend durch das Netz weitergereicht werden.

Beitragsbild erstellt mit Firefly und einem Foto von Remi Godet auf Unsplash

5 Gedanken zu „Und es ist doch passiert!“

  1. Der Satz: „Ist das Kunst oder kann das weg!“ kommt ja auch irgendwo her:-). Das berühmte „Putzfrau zieht den Stecker Szenario“ wurde bei allen Risk-Management-Planungen meiner Projekte immer berücksichtigt. Wir haben noch ein anderes Szenario bei Kunden gelernt: “ Projektleiter verunglückt tödlich!“. Gar nicht schön, aber als PL muss man solche Dinge als Risk führen. Das sind PM-Standards mittlerweile. Aber jemand, der in der Cloud aufgewachsen ist, kennt das natürlich nicht.

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    • Ja, das Bus-Szenario: Läuft der Laden weiter, wenn XY vor einen Bus läuft? Man kann es natürlich auch versuchen vertraglich zu lösen: „Dieser Arbeitsvertrag endet nicht mit dem Tod“ 😉
      Ich erinnere mich auch noch an Arbeitsanweisungen in der Art „Diese Personen dürfen nicht zusammen in einem Auto, Bus, Zug oder Flugzeug sitzen!“ und „XY darf niemals wieder andere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in seinem Auto mitnehmen.“ Letztere Arbeitsanweisung kam kurz nachdem XY beim Linksabbiegen einen auf absolut gerader, baumfreier Straße entgegenkommenden LKW übersehen hatte. Tagsüber. Gegen Mittag. Im Sommer. Und nüchtern war er auch. Aber trotzdem: Übersehen…

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  2. Wow, wir haben eine Urban Legend im Team :o)
    Wer hatte diese Geschichte nicht bereit – in vielfacher Ausschmückung – gehört? Ich fürchte auch, dass sich diese Gechichte genau so mannigfach ereignet hat, seit es Server mit Putzteam-zugänglichen Steckdosen gibt…

    Ein Kollege erzählte von einer IIoT-Lösung, die in einer Werkshalle via Lichtsensoren gesteuert wurde. An Details kann ich mich nicht erinnern, nur dass diese Funktion drei Jahre hintereinander nur zu bestimmten Jahreszeiten (!) gestört war. Natürlich lags am Sonnenstand der tiefstehenden Sonne, die zu einem bestimmten Zeitpunkt an wenigen Tagen durch ein kleines Fenster in einem bestimmten Winkel diesen Sensor anleuchtete – und damit alles durcheinander brachte 😀

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    • Auch nicht schlecht… ich entsinne mich da auch noch an einen Cluster, der ganz doofe Probleme hatte. Es wurde tagelang debuggt und getestet – alles remote – und die Devs waren recht ratlos, weil das ganz Ding doch eigentlich auf Hochverfügbarkeit ausgelegt war und überhaupt. Dann schaute doch mal jemand rüber ins RZ und da war es tatsächlich ein Netzwerkstecker, der so halb aus der Buchse gezogen war. Die Vermutung am Ende war, dass da jemand beim Verlegen neuer Kabel im Doppelboden wohl zu fest an diesem einen Kabel gezogen hatte oder daran hängen geblieben sein muss.

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