Was heute jedes Handy in Sekunden kann, wurde in den 1990er Jahren per DFÜ und Telefonleitung und einigem Zeitaufwand betrieben: Virtuelle Bildübertragung von einem Ort zum anderen. Die Qualität war schlechter als die der ersten Fotohandies. Aber wir hatten ja nix – und es funktionierte.
Ich habe Andreas Vieweg, Fotograf und mein erster Fotochef in der BILD-Fotoredaktion in Düsseldorf, gebeten, etwas über technische Details der Telebildsender zu erzählen, die wir damals genutzt haben, um Bilddaten per Telefonleitung von der Redaktion ins Druckhaus schicken. Hier sind seine Ausführungen.
„Die ersten Bildfunksender, die wir bei BILD hatten, waren von der Firma Hell in Kiel.
Die hatten für diese Zwecke ihre alten Wetterkartengeber halbtontauglich gemacht und das ganze System an die damaligen Funkagenturen wie DPA, Reuters, DDP, AFP u.s.w. verkauft.
Die sendeten alle so, dass die Empfänger das Bild auf einem säuregetränkten Papier aufzeichnen konnten. Über der sich drehenden Trommel mit diesem Papier stand eine Nadel, die elektrische Impulse an die Trommel abgab. War der Strom hoch, wurde alles verbrannt, also schwarz. War der Strom schwach, entstand Grau in seinem Abstufungen (je nach Stromstärke). Floss kein Strom, blieb das Papier weiß.
Synchronisiert wurde das ganze durch den Umlauf der Trommel und jeweils einem neuen Zeilenstart. Der Sender hatte analog dazu auch so eine Trommel, auf der das zu sendende Bild aufgespannt wurde. Dort standen eine fokussierte Lampe und eine Fotozelle nah beieinander im sogenannten Lesekopf, der per Spindel über das Foto fuhr. Je nachdem, ob die vom Foto reflektierte Lichtmenge hoch oder niedrig war, ergaben sich hohe, oder tiefere Töne, die per Telefonleitung zu den jeweiligen Empfängern übertragen wurden.
Fotos per Telefon
Die ersten Point-to-Point-Verbindungen dieser Art liefen per normalem Telefonnetz. Anfangs noch über Akustikkoppler – da musste man nach dem Verbindungsaufbau den Telefonhörer rein drücken, damit die Töne des Senders übertragen wurden. Mit der abenteuerlichen Geschwindigkeit von 1200 Baud, das sind irre 0,146 kb/s.
Auf jeden Fall dauerte anfangs die Übertragung eines einzigen Schwarzweiß-Fotos ca. 6,5 Minuten. Später gab es die Sender auch mit der doppelten Geschwindigkeit von 2400 Baud. Die waren dann manchmal sogar farbtauglich, man konnte ein Filterrad vor dem Lesekopf drehen und musste dann drei Durchläufe mit den drei Grundfarben und dann noch einmal einen Durchlauf ungefiltert für den Kontrast machen.
Das dauerte dann vier mal etwa 3:20 Minuten.
Am Empfänger kamen diese vier Teilbilder nacheinander als Schwarzweiß-Bild an und wurden dann in den Klischeeanstalten, dank vom Sender eingefügten Passermarken zusammengefügt.“
Danke für Deinen Gastbeitrag, Andi.*
Aktualität vor Qualität
Ich erinnere mich, dass wir Fotos per DFÜ schickten, wenn unser Fahrer, der die Druckdaten aus der Düsseldorfer Redaktion abholte und ins Kettwiger Druckhaus brachte, bereits weg war und ein Foto am nächsten Tag unbedingt noch erscheinen musste.
Häufig waren es die Sportfotografen, die von dieser Technik Gebrauch machen mussten, und die waren darüber selten erfreut: Die Qualität war grausig, und heute erscheint es unglaublich, dass sie überhauot gedruckt wurden.
Später, ab 1991, löste der Dixell 2000 von Hasselblad die ehemaligen Wetterkartengeber ab, ein Durchlichtscanner, der gleichzeitig senden konnte.
1 Gedanke zu „Stairway from Hell – Bildübertragung anno 1990“